Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) bzw. Veterinärmedizin (TCVM)

Nach der Vorstellung der traditionellen chinesischen Medizin ist Gesundheit das freie und gleichmäßige Fließen der Lebensenergie Qi im Körper. Die Gegensätze Yin und Yang stehen dabei in einem Gleichgewicht. So wie sich Tag und Nacht, Licht und Schatten, Kälte und Wärme gegenseitig bedingen und ergänzen, so können auch Yin und Yang ohne den jeweils anderen nicht existieren. Diese Philosophie von Yin und Yang wird ergänzt durch die 5-Elemente-Lehre oder die 5 Wandlungsphasen: Erde, Metall, Wasser, Holz und Feuer. Jedem Element / jeder Wandlungsphase werden bestimmte Eigenschaften, Organe, Emotionen, Jahreszeiten usw. zugeordnet. Dabei umfasst ein Organ einen ganzen Funktionskreis und damit weit mehr als das Organ im Sinne der westlichen Medizin. So gehören z.B. zum Funktionskreis „Lunge“ auch die Körperoberfläche und die Nase. Der Funktionskreis ist unter anderem zuständig für die Kontaktaufnahme einerseits und die Abgrenzung andererseits. Er umfasst die Emotion „Trauer“ und steht im Zusammenhang mit dem körpereigenen Rhythmus (unter anderem dem Atemrhythmus). Auch die 5 Wandlungsphasen beeinflussen und kontrollieren sich gegenseitig.

Äußere oder innere pathogene (krankmachende) Faktoren können dieses Gleichgewicht von Yin und Yang und den 5 Wandlungsphasen stören. Das Qi kann nicht mehr frei im Körper fließen, es entstehen Energieblockaden und damit ein Ungleichgewicht. In einigen Bereichen entsteht eine „Fülle“, z.B. eine Schwellung, in anderen Bereichen besteht „Leere“. Während Bereiche mit „Fülle“ auch vom Laien meist gut zu erkennen sind (z.B. anhand von Schmerz, Schwellung usw.) sind „leere“ Bereiche sehr viel schwieriger zu finden. Werden solche Energiestauungen bzw. -schwächen über eine längere Zeit nicht erkannt, so können sich auch pathologisch-anatomische Veränderungen entwickeln, z.B. in Form von Arthrosen. Ziel der chinesischen Medizin ist es, das Gleichgewicht und den freien Fluß der Lebensenergie wieder herzustellen. Dazu werden energetisch „leere“ Bereiche gestärkt und ein Energiestau abgeleitet. Oftmals kann mit den Methoden der chinesischen Medizin ein Ungleichgewicht sogar frühzeitig erkannt werden, bevor es sich in schweren Krankheiten manifestiert.

Die Traditionelle Chinesische Medizin ist eine Erfahrungsmedizin, die sich vorwiegend durch intensive Beobachtung entwickelt hat. Die TCM-Diagnostik beruht auf den 4 „Säulen“:

  • Anamnese (Erhebung des Vorberichtes, einschließlich Fragen zum Verhalten, zu Kot- und Harnabsatz, zum Temperaturempfinden, usw. und natürlich zu früheren Erkrankungen)
  • Betrachtung (z.B. Haut, Schleimhaut, Zunge)
  • Hören (z.B. Stimme, Hustencharakter) und Riechen (z.B. veränderter Körpergeruch, Kotgeruch)
  • Palpation (= körperliche Untersuchung, Pulstastung, reaktive Punkte am Tier usw.)

Dabei wird nicht zwischen Psyche und körperlichen Beschwerden unterschieden, sondern es fließen alle Befunde (Sozialverhalten, Futter- und Wasseraufnahme, Pferdetyp, körperliche Befunde, klimatische Einflüsse usw.) in die Diagnose ein. Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung wird eine chinesische Diagnose unter Verwendung der traditionellen chinesischen Begriffe z.B. eines „Milz-Qi-Mangels“ gestellt und eine Behandlung eingeleitet.

Durch Reizung spezifischer Akupunkturpunkte mit feinen Nadeln oder durch Massage (Akupressur) werden Blockaden im Energiefluß gelöst. Das Qi kann wieder fließen, die Selbstheilungskräfte des Körpers werden aktiviert und bestehende Störungen beseitigt bzw. gelindert.

 

Gelegentlich zeigt sich die Reaktion eines Pferdes auf eine Behandlung im vorübergehenden „Sichtbar-Werden“ von Akupunkturpunkten. Bei dieser Stute hatte die Blockade im „Gürtelgefäß“ (einem außerordentlichen Meridian) auch zu einer Störung des Energieflusses in dem ihn kreuzenden Blasenmeridianen geführt. Nach dem Öffnen des Gürtelgefäßes konnte die Energie auch im Blasenmeridian wieder frei fließen. An den Akupunkturpunkten stellten sich temporär die Haare auf und es waren für kurze Zeit Verdickungen in der Haut fühlbar.

 

Ist durch die Schwere und / oder lange Dauer der Erkrankung Energie verloren gegangen, können Chinesische Kräuter dem Körper wieder Energie zuführen und so den Körper in seinem Selbstheilungsprozeß unterstützen.

Da die Behandlung mit Nadeln oder Kräutern eine Änderung im Körper bewirkt, die sich unter Umständen zunächst nur in kleinen Veränderungen (z.B. des Verhaltens) zeigt, muß vor jeder erneuten Therapie wieder eine ausführliche Untersuchung mit erneuter Diagnose erfolgen und die Therapie entsprechend angepasst werden.

 

Literatur:

Dem interessierten Laien empfehle ich zu diesem Thema die folgenden beiden auch für den kleinen Geldbeutel erschwinglichen Taschenbücher, die in anschaulicher und gut verständlicher Weise die Denk- und Wirkungsweise der Traditionellen Chinesischen Medizin beschreiben.

  • Ted J. Kaptchuk: Das große Buch der chinesischen Medizin (Heyne-Verlag, ISBN 3-453-19766-6)
  • Carl-Hermann Hempen: Die Medizin der Chinesen (Goldmann-Verlag)